Gesamtzahl der Seitenaufrufe

Freitag, 10. Mai 2013

Von der Komödie zur Tragödie









Komödie, 1. Akt


In der vergangenen Woche kamen die Rebellen 15 Kilometer entfernt an, um ein Auto zu stehlen, das unser Mechaniker im Namen des Pfarrers von Paoua (125 Km entfernt) reparierte. Er hatte es versteckt, aber sie haben es gefunden...

Ich ließ den Bischof eine Bescheinigung ausstellen,  die bestätigte, dass das Auto Eigentum der Diözese sei. Diese Bescheinigung brachte ich zum Konsul des Tschad (warum? Weil die Rebellen fast alle aus dem Tschad stammen und er daher die einzige Autorität ist, die sie respektieren).
Während wir auf die Ankunft des Rebellenführers warteten, plauderten wir.
Der Konsul sagte mir, dass es in der Zentralafrikanischen Republik zu viele Waffen gebe.
Ich: „Da stimme ich zu“
Er: Zu viele Waffen, die mit der Hand hergestellt werden.
Ich: Oui!
Er: Die Behörden lassen sie herstellen...
Ich: Aber es sind viele, die über die Grenze kommen... In der Tat (in der Nacht waren viele geraubte Autos von Bangui in Richtung Tschad unterwegs) gelangen viele Dinge über die Grenze ins Land oder aus dem Land heraus, die weder hinein- noch herausgelangen sollten...
Er: Einverstanden! Aber in Zentralafrika sind zu viele Waffen, die handwerklich hergestellt werden.
Ich: Und die Kalashnikovs, werden die auch handwerklich in der Zentralafrikanischen Republik hergestellt?
Er: Nein, aber....
Ich: Ich sehe viele Raketen auf den Fahrzeugen der Rebellen. Werden sogar die Raketen mit der Hand hergestellt?
Er: Nein, aber...
Da trifft der Rebellenführer ein.
Er spricht kein Französisch, kann nicht lesen. Er ist jung, gut gekleidet, hat ein paar Telefone...
Er nimmt das Blatt in die Hand, das ich ihm gegeben habe, und hält es falsch herum... Dann liest ihm der Konsul die Bescheinigung vor und übersetzt sie ins Arabische. Der Rebellenführer sagt, dass er das Auto zurückgeben werde, wenn wir ihm die Kosten erstatten. (ich sage mir: Welche Kosten, wenn der Treibstoff doch gestohlen ist...)
Ich nutze die Gelegenheit und frage ihn, ob es möglich sei, die Schulen in der Stadt wiederzueröffnen (unsere sind seit dem 3. April wieder offen, aber die anderen  nicht).

Er sagt mir, dass es kein Problem sei, und ich sage ihm, dass sie dann nicht in die Schulen gehen dürfen, um die Lehrer zu suchen und zu plündern usw.
Er versichert mir (natürlich), dass sie weder uns noch die Schulen stören werden.

Tragödie, 1. Akt
Tatsächlich gehen die Rebellen noch am selben Tag in das 30 Kilometer entfernt gelegene Dorf, Manga, wo wir das andere Auto versteckt hatten, und stehlen es. Sie machen sich auf den Weg in Richtung Tschad, und ich fürchte, wir werden es niemals wiedersehen (wenn jemand einen Toyota Landcruiser mit dem Kennzeichen DA 002 NM sehen sollte, ist es unseres...)

Komödie, 2. Akt
Am Freitag gehe ich nach Bouar, um die Brüder und die Schwestern zu treffen und um eine Versammlung mit der Kommission für Gerechtigkeit und Frieden abzuhalten. Man hatte mir gesagt, am Vorabend haben sich der  Präfekt und der örtliche Rebellenführer mit den Missionaren und den Laien der katholischen Kirche getroffen, um sie zu beruhigen... Es war nicht sehr erfolgreich, denn sie setzten das Schießen, Plündern und Stehlen (vor allem von Autos) fort.
Der Rebellenchef kam sogar mit einem Wagen zu dem Treffen, der einige Tage zuvor einem Priester der Diözese gestohlen worden war. Und auch der Präfekt fährt mit einem gestohlenen Wagen spazieren....


Tragödie 2. Akt

Auf dem Rückweg von Bouar mache ich Halt in Bossemptele, wo die Kamillianerpatres und die Karmelitinnen aus Turin ein Krankenhaus haben. Gestern ist ein 13jähriger Junge gestorben: er wurde in Yaloke an einem Bruch operiert, aber die Rebellen kamen in das Krankenhaus und das ganze Personal floh. Ohne medizinische Behandlung hat die Familie ihn mit traditionellen Mitteln weiterversorgt, und dabei hat er sich Tetanus geholt! Nach einigen Tagen schwerer Leiden ist er gestorben.
Noch gestern ruft mich Schwester Elvira aus Berberati an und sagt mir, dass ein Kind gestorben ist: Die Familie war in einem Moment der Schießereien mit fünf Kindern in den Wald geflohen. Bei der Rückkehr hatte eines von ihnen schwere Malaria und starb. Es war von einer Familie adoptiert worden, weil die leiblichen Eltern es verlassen hatten...

Glückliches Ende, Akt 0
In Bouar traf ich Männer und Frauen, Mitglieder der Kommissionen für Gerechtigkeit und Frieden zweier zentralafrikanischer Pfarreien. Ich war beeindruckt von ihrem Mut und ihrer Fähigkeit zur Analyse.
Mut: Einer von ihnen sagte bei dem Treffen mit dem Präfekten und dem Rebellenführer, dass wir alle Geiseln der Rebellen sind. Der Präfekt wurde wütend. Aber es ist die Wahrheit! Und er, der Präfekt, ist eine der ersten Geiseln...
Analyse: Einige von ihnen sagten: wir müssen aufpassen, weil diese uns zu den Treffen einladen und uns überzeugen wollen, dass alles gut sei, so  dass wir der Bevölkerung eine falsche Botschaft vermitteln können.





 

Keine Kommentare: